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Der Link führt zu sehr interessanten Beiträgen zur Literatur des Mittelalters und zu einem Beitrag von mir, Ulrike Ritter, der sich mit dem Übergang von Rollenbildern in kulturellen Repräsentationen beschäftigt, in diesem Fall vom antiken Bild des "Invictus", des unbesiegbaren, göttlichen oder gottähnlichen Helden, hin zum Leidenden, Beweinten, in Analogie zu Christus. 

Die Verbindung der christlichen Themen der Beweinung  und der Grablegung wurde Ende des 12. Jahrhunderts über die Rezeption der byzantinischen Kultur im westeuropäischen Raum übernommen. Ein Primärobjekt dieser Rezeption ist eine Beweinungs-/Grablegungsszene in Herrad von Landsbergs "Hortus deliciarum". 

Die Motivverbindung findet sich in sehr ausgefeilter Formulierung, also mit sichtbar literarischem Anspruch und komplexer Ausgestaltung lateinischer Stilmittel, etwas komplizierter als im Minnesang üblich, also mit viel ästhetischem Selbstbewusstsein, in der Darstellung von Kriemhilds Trauer um Siegfried im Nibelungenlied. 

Als Motiv in der Kunst entwickelt es sich als konservatives, da religiöses Thema auch in Italien, parallel zur Naturalisierung durch Giotto, aber dann z.B. sehr emphatisch und brilliant bei Sandro Botticelli, der auch die Rollen der trauernden Mutter und der sehnsuchtsvollen Freundin Maria Magdalena deutlich trennte, um beiden Aspekten der starken Emotion bildlichen Raum zu geben.

Die kunstreiche Ausgestaltung der Trauer ist allerdings nicht die einzige Szene, die sich an antiken Quellen labt - insbesondere findet die Transformation von Herkules zu Christus auch im Lied selbst statt - nicht nur in der Jagd-Aventiure, die Siegfried dionysisch-herkuleisch inszeniert, sondern auch im Übergang über die Donau bei Mering, im Umgang Hagens mit dem Fährmann. 

Mering bei Augsburg liegt den poetischen Implikationen des Textes zufolge in der Unterwelt....

Aber erschien doch immer wieder in den Zeilen und Schlagzeilen. 

Entsprechend enthält der Beitrag auch eine Entdeckung zu den doch immer noch möglichen Markgrafen des gesicherten südlichen Merings, den (späteren) Augsburger von Ilsungs und Langenmantels, die über eine frühhumanistische Gesellschaft direkten Kontakt zu einer der bekannten Nibelungenhandschriften hatten, dem "Kodex Hundeshagen" bzw. der Handschrift c aus dem 15. Jahrhundert - entstanden quasi parallel zu der erwähnten Beweinung/Grablegung von Botticelli.

Viel Vergnügen bei der Lektüre des Berners!

Dr. Ulrike Ritter (studidoc)

Bild Beweinung nach byzantinischem Muster aus dem "Hortus deliciarum" der Herrad von Landsberg, um 1180

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21.09.2025 (43 days ago)
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